Ein Buchclub auf Abwegen (German Edition) by Suzanne Kelman

Ein Buchclub auf Abwegen (German Edition) by Suzanne Kelman

Autor:Suzanne Kelman [Kelman, Suzanne]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9781503943070
Herausgeber: Amazon Crossing
veröffentlicht: 2017-01-09T23:00:00+00:00


KAPITEL 11

EIN ERDRUTSCH & EIN SPUKHAUS

Wir fuhren noch etwa zwanzig nervenaufreibende Minuten, und im Auto war es unheimlich still. Nur von Zeit zu Zeit hörte man ein Schluchzen oder ein Schniefen. Wie aus dem Nichts herrschte dann plötzlich dichter Verkehr. Wir krochen dahin, und mir fiel auf, dass weiter vorne Autos und LKWs zu wenden und zurückzukommen schienen.

»Sieht aus, als gäbe es Ärger.« Ethel putzte sich wieder die Nase.

Diese neue Wendung schien den Bann im Auto zu brechen.

Doris wandte sich an Annie, drückte ihr die Hand und entschuldigte sich.

»Was war das mit deiner Mama?«, krächzte Annie, die heiser vom Weinen war.

»Darüber kann ich jetzt nicht sprechen. Das fällt mir einfach zu schwer.«

Flora nickte, nahm Doris’ Hand und drückte sie ebenfalls.

Nach einer Stunde im Schneckentempo hatten wir maximal fünfzehn Kilometer zurückgelegt. Während wir so dahinkrochen, sahen wir vor uns einen Polizisten, der eine Taschenlampe schwenkte und die Fahrer zum Umdrehen aufforderte. Gegen halb sechs erreichten wir endlich das Ende der Schlange. Es war längst dunkel, und ein feuchter, dichter Nebel umwirbelte bedrohlich den Wagen.

Ich ließ mein Fenster herunter und fragte den Beamten: »Was ist denn los?«

»Erdrutsch. Wir haben Räumfahrzeuge vor Ort und tun, was wir können, aber es ist ein Mordsding. Heute Abend kriegen wir die Straße unter keinen Umständen mehr frei. Am besten kehren sie um und verbringen die Nacht in Ashland oder Medford.«

»Medford«, wiederholte ich leicht hysterisch.

»Tut mir leid. Ich kann Sie heute Abend hier unter keinen Umständen durchlassen. Es ist einfach nicht sicher.«

Ehe ich noch etwas sagen konnte, schwenkte er seine Taschenlampe und ging auf ein Wohnmobil zu.

Ich wendete den Wagen und fuhr zurück. Mein Blick fiel auf die Tankanzeige. Fast leer. Ich hatte Doris noch erinnern wollen zu tanken, nachdem wir das Café verlassen hatten, hatte es aber bei all der Aufregung um Flora und Ethels Krankheit vergessen. Es stand auf Messers Schneide, ob wir es zurück in die Zivilisation schaffen würden. Ehe wir am Fuß des Gebirges ankamen, würden wir nur noch mit Benzindämpfen fahren.

»Also, wie sieht es aus?«, fragte Annie, als müssten wir lediglich den Nachtisch aussuchen.

»Zuallererst müssen wir eine Tankstelle finden.«

LKWs fuhren rechts ran, weil die Fahrer am Straßenrand übernachten wollten.

»Erinnerst du dich? Etwa acht Kilometer hinter uns war ein kleiner Tante-Emma-Laden«, erwähnte Annie optimistisch.

»Ja, die wissen vielleicht, wo wir Benzin bekommen.« Ich erinnerte mich jetzt auch, und meine Laune besserte sich.

»Vielleicht haben die auch ein Telefon, das ich benutzen kann«, setzte Doris hinzu.

Wir fuhren zurück und hielten an. Der Laden schien geschlossen zu sein, also spähten Doris und ich durch ein Fenster und sahen ein Durcheinander von Camping- und Angelzubehör. Ganz weit hinten fiel Licht aus etwas, das ein Büro sein mochte. Von dort hörte man auch leise einen Fernseher. Ich klopfte an die Tür. Nichts. Ich klopfte erneut, fester. Der Fernseher ging aus.

Ein Kopf mit dunklem Haar schaute aus der Bürotür, und ein Mann kam auf uns zugeschlurft. Er war schon älter, mit einem ledrigen, wettergegerbten Gesicht und tiefen Falten, die übereinandergestapelt zu sein schienen. Er trug einen weiten Wollpullover und Khakihosen. An den Füßen hatte er abgetretene Wanderstiefel.



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